Berlin Needs its Airports

published in Der Tagesspiegel, 15 June 2012

EN

There is a nice story about a king who detested small things and demanded that his small kingdom must build the largest buildings in the world. Because the buildings were built very high, some people lived above the clouds and some below. Those fortunate who lived above the clouds expanded their houses and built over the clouds. Among them was the King. His palace was built over the largest cloud, and a road had to be built to connect with other clouds and houses. Shops had to be built as well, and eventually the lower city was abandoned because no one wanted to live overshadowed by the upper city.

This story illustrates the thinking and acting of the Berlin Administration in regards to the air infrastructure.

Berlin has taken its rightful place as European capital next to Paris and London. It has become a tourist destination and it certainly needs better air transport facilities.

West Berlin previously had two airports, Tegel and Tempelhof, quite centrally located in the city. With the fall of the Wall, a third airport was added - Schoenefeld. Now enlarged, it will become the only airport of Berlin, the other two are already closed.

This seems to be a very strange decision. All the large cities of the world are desperately trying to decentralize their air traffic while allowing access to the airports from as many as possible destinations to overcome traffic jams to and from one airport. Not all flights are long distance; the majority of flights today are domestic or within Europe.

The trend in recent years is definitely a movement towards decentralization, fragmentation and competition. New low-cost airlines are competing very successfully with national carriers. Their operation and needs are still developing, but one is certain that their advantage and the advantage to Berliners and tourists visiting the city is their proximity to the centre of the city.

The flights are operated by relatively small airplanes, never at night since the time zones are not very different, and therefore their environmental impact is negligible. Giving some airlines the privilege of flying from centrally located airports, one can demand and obtain concessions on carbon emissions and sound noise reduction.

Generally speaking modern technology is developing in two opposing but also complementary directions. On one hand, technological products are becoming ever larger, on the other hand, becoming smaller. Jumbo jets versus private jets; ever larger passenger ships and small yachts equipped with the comforts of large ships; telephones; computers... they follow the same pattern.

We don't know what the air transport of the future will look like; will it be in the form of a more personal vehicle that does not require the facilities of large airports? In any case, it is not a wise decision to close options which other cities are desperately trying to open.

One should always bear in mind how fortunate Paris was to not listen to their intellectuals who demanded the destruction of the "useless" Eiffel Tower. After a short time, with Marconi's invention of the radio, it became the most powerful antenna in the world.

Zvi Hecker
June, 2012

 

DE

Warum Berlin mehr als einen Airport braucht
published in Der Tagesspiegel, 15 June 2012

Es gibt eine schöne Geschichte über einen König, der alles Kleine verabscheute und verlangte, dass in seinem Königreich nur die höchsten Gebäude der Welt errichtet werden sollten. Weil die Häuser folglich sehr hoch gebaut wurden, lebten einige Menschen über den Wolken und andere darunter. Die Glücklichen, die über den Wolken lebten, erweiterten Ihre Häuser immer weiter auf den Wolken. Unter ihnen war auch der König. Sein Palast wurde auf der größten Wolke errichtet und eine Straße musste gebaut werden, um sie mit anderen Wolken und Häusern zu verbinden. Außerdem mussten auch viele Geschäfte gebaut werden und letztendlich wurde die untere Stadt aufgegeben, weil niemand mehr im Schatten der oberen Stadt leben wollte.

Diese Geschichte beschreibt treffend das Denken und Handeln der Berliner Regierung im Hinblick auf den Berliner Luftverkehr.

Berlin hat mittlerweile seine rechtmäßige Stellung als europäische Metropole neben Paris und London eingenommen. Es wurde ein bedeutendes Touristenziel und benötigt eine verbesserte Organisation des Flugverkehrs.

West-Berlin hatte zwei Flughäfen - Tegel und Tempelhof - welche recht zentral in der Stadt lagen. Mit dem Fall der Mauer kam mit Schönefeld ein dritter Flughafen hinzu. Nach seiner Erweiterung wird er Berlins einziger Flughafen sein, Tempelhof ist bereits und Tegel soll bald geschlossen werden.

Dies scheint ein sehr eigenartiger Entschluss zu sein, denn gleichzeitig versuchen alle anderen großen Städte der Welt verzweifelt, ihren Luftverkehr zu dezentralisieren, um Zugang zum Flugverkehr von möglichst vielen Orten in der Stadt zur erreichen und damit Staus von und zu nur einem einzigen Flughafen zu vermeiden.
Nicht alle Flüge sind auch Langstreckenflüge, eigentlich ist es sogar so, dass es sich bei der Mehrzahl der Flüge von und nach Berlin um Innerdeutsche oder Flüge innerhalb Europas handelt.

Der Trend der letzten Jahre deutet eindeutig auf eine weitere Dezentralisation und Fragmentierung, sowie auf einen sich weiter verschärfenden Wettbewerb unter den Fluggesellschaften hin. Neue Billigfluglinien fordern seit einigen Jahren sehr erfolgreich die etablierten Fluggesellschaften heraus. Ihre Betätigungsfelder und Ansprüche entwickeln sich noch, aber eines ist sicher, nämlich, dass sowohl sie, als auch die Berliner und die Touristen, die Berlin besuchen, von der unmittelbaren Nähe der Landeplätze zum Stadtzentrum profitieren.

Die Flüge werden von relativ kleinen Flugzeugen abgewickelt, die selten nachts fliegen müssen, weil es keine unterschiedlichen Zeitzonen zu überqueren gilt. Somit fällt die nächtliche Lärmbelastung nicht ins Gewicht.
Gäbe man einigen Fluggesellschaften die Rechte, von zentralen Flughäfen aus zu operieren, könnte man von diesen als Gegenleistung gesonderte Abgaben für CO2-Emissionen verlangen und sie zur Lärmminimierung verpflichten.

Im Allgemeinen entwickelt sich die moderne Technologie in zwei gegensätzliche aber auch komplementäre Richtungen. Auf der einen Seite werden technologische Produkte immer größer, auf der anderen aber auch immer kleiner. Jumbojets kontrastieren mit kleinen Privatjets, immer größere Passagierschiffe mit kleinen Yachten, die denselben technologischen Komfort wie die großen Kreuzer, beispielsweise Telefon- und Internetanschluss bieten. Ob Flugzeug oder Schiff, sie alle folgen dem gleichen Muster.

Wir wissen nicht, wie der Lufttransport in der Zukunft aussehen wird, möglich ist aber, dass die Fluggeräte immer kleiner und persönlicher werden und keine großen Flughäfen mehr benötigen. In jedem Fall ist es keine weise Entscheidung, sich der Möglichkeiten zu berauben, die sich andere Städte nur zu gerne eröffnen würden.
Man sollte immer dessen gewahr sein, wie glücklich die Pariser handelten, als sie nicht auf die Intellektuellen hörten, die da einen Abriss des „nutzlosen" Eiffelturmes forderten. Nur kurze Zeit später, und mit Hilfe von Marconi´s Erfindung des Radios, wurde er zur bedeutendsten Antenne des Landes. Berlin sollte sich auf jeden Fall seine Möglichkeiten offen halten.

Zvi Hecker
June 2012

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